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Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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Isfahan / Jolfa Viertel / Vank Kathedrale

MyCoRe ID:kibidano_kibpic_00016434
Titel:Isfahan / Jolfa Viertel / Vank Kathedrale
Landessprachlich:اصفهان / جلفا / كليساي وانك
Ort: Isfahan (PHS)
Provinz/Region: Isfahan - Islamische Republik Iran
 

 
Bild-Informationen:
 
Photograph:Hartmut Assmann
Aufnahmedatum:10.05.2018
Texte:Rüdiger Bartelmus
Beschreibung:Eine Bildkomposition im oberen Teil der kleinen südlichen Apsis der Vank Kathedrale – bestehend aus verschiedenen alt- und neutestamentlichen Szenen.
Ganz oben links vom Fenster ist unschwer der Stammbaum Jesu zu erkennen, mit dem das Matthäus-Evangelium eingeleitet ist (Mt 1,1-17). Numerisch ist die Darstellung freilich an den zur Verfügung stehenden Raum angepasst: für dreimal 14 männliche Ahnväter war schlicht nicht genug Platz vorhanden. Maria und ihr Kind sind unverkennbar bereits der himmlischen Sphäre zugeordnet, stehen also mit den irdischen Vorfahren Jesu nur in einer losen Verbindung. Ikonographisch gesehen entspricht diese Darstellung in etwa dem Standard-Formular der „Wurzel Jesse“ (so eine Information von Prof. Altripp, Greifswald).
Demgegenüber soll rechts – folgt man der armenischen Bild-Unterschrift – die (eine?) Vision des Daniel dargestellt sein. Wenn diese Bild-Unterschrift überhaupt zu Recht angebracht wurde, könnte sie sich nur auf Dan 7,13.14 – evtl. in Kombination mit Dan 7,9f – beziehen; Dan 8, wo Daniel eine Tier-Vision schildert, kommt aus sachlichen Gründen nicht in Frage, dies umso weniger als dort keine Traumvision vorliegt. Ein ikonographisches Standard-Formular für Traumvisonen gibt es gemäß Prof. Altripp nicht. Unbekannt ist zudem, ob die Bild-Unterschriften in Einvernehmen mit den Malern erstellt wurden oder nicht. Insofern ist es sinnvoll zu überprüfen, ob das, was auf dem Bild zu sehen ist, mit der Bild-Unterschrift zusammenpasst:
Auf den Gedanken, dass die – auf gleicher Höhe wie Maria mit dem Kind links vom Fenster dargestellte – Gestalt der „Hochbetagte“ bzw. der „Uralte“ sein könnte, von dem in Dan 7 die Rede ist, kommt ein Betrachter, der das einschlägige Kapitel im Buch Daniel kennt, schwerlich. Er müsste dazu wichtige Details in den Schilderungen von Dan 7,9.10 und 7,13.14 komplett ignorieren: Die Gestalt sitzt auf keinem Feuerthron mit feurigen Rädern, hat auch kein weißes Gewand an, weitere Throne sind ebenso wenig zu sehen wie Tiere. Auch dass die acht (partiell geflügelten) Gestalten unterhalb der thronenden Gestalt für die im Text erwähnten „tausendmal Tausende“ bzw. „zehntausendmal Zehntausende“ stehen könnten, ist mehr als unwahrscheinlich, zumal sie den Thronenden weder bedienen noch vor ihm stehen. Schließlich wird die männliche Gestalt rechts unterhalb des Thronenden (die – folgt man Dan 7,14 – den „Menschensohn“ darstellen müsste) von niemandem zu dem Thronenden geführt; sie kommuniziert vielmehr unmittelbar mit dem Thronenden und scheint von ihm einen Auftrag entgegenzunehmen.
Nimmt man all das zusammen, liegt es nahe, in dem Träumer auf dem Bild nicht Daniel, sondern eine andere biblische Gestalt zu sehen. In Frage kommt eigentlich nur Joseph (der Ziehvater Jesu), zumal dessen Traumvision nahezu perfekt mit dem zusammenpasst, was die Künstler in den übrigen Teilen der Bildkomposition dargestellt haben: Nach Mt 1,18-23 hatte es sich bekanntlich herausgestellt, dass Maria, die Verlobte des Joseph, schwanger war, noch ehe sie von diesem „heimgeholt“ worden war. Joseph wollte sie daher heimlich verlassen. Doch als er im Traum von einem „Engel des Herrn“ erfahren hatte, dass Maria das Kind vom Heiligen Geist empfangen hat, verstieß er Maria nicht. Diesen ersten Hinweis auf die Gottessohnschaft Jesu hat Matthäus programmatisch an den Anfang seines Evangeliums gestellt und auch noch mit einem „Reflexionszitat“ aus Jes 7,14, d.h. gemäß der theologischen Denkfigur „Verheissung und Erfüllung“, also mit einem Beleg aus dem Alten Testament, unterstrichen. D.h. aber: Die bärtige Gestalt, die auf der gleichen Höhe sitzt wie Maria, wäre von daher als Gott-Vater zu interpretieren, die schräg rechts unter ihm (ihm zugewandte und mit ihm redende) Gestalt wäre der „Engel des Herrn“, der Gott-Vater fragt, was er tun soll, und der daraufhin den Auftrag erhält die Botschaft Gottes dem Joseph im Traum zu übermitteln. Die weiteren Gestalten in der himmlischen Sphäre (acht Engel) stehen wohl stellvertretend für „die Menge der himmlischen Heerscharen“. – So weit ein Versuch, den Widerspruch zwischen Bildgehalt und Bild-Unterschrift zu Lasten der – vielleicht sekundären – Bild-Unterschrift aufzulösen.
Berücksichtigt man dann allerdings auch noch das theologische “Programm", nach dem die übrigen Szenen in der Apsis augenscheinlich zusammengestellt sind, kann dieser Teil der Gesamtkomposition auf keinen Fall etwas mit der/den in Dan 7 überlieferten Vision/en des Daniel zu tun haben. Die Bilder in Register 3 bieten (nicht anders als das Bild oben links von dem Fenster) eindeutig künstlerische Interpretationen von Szenen aus dem Matthäus-Evangelium, in denen Jesus als (der wahre) Gottessohn vorgestellt wird. In Register 2 sind diesen – der Tradition der typologischen Interpretation der Bibel folgend – Szenen aus dem Alten Testament voran- bzw. gegenübergestellt. (Das erste und letzte Bild in den beiden Registern ist jeweils um 90 Grad versetzt auf den Seitenwänden der Apsis positioniert und daher auf dem mit einem Weitwinkel-Objektiv aufgenommenen Bild nur verzerrt zu erkennen – in Register 2 immerhin nahezu vollständig, in Register 3 dagegen nur partiell).
Was genau auf Bild 1 im 2. Register dargestellt ist, kann der Bearbeiter nur vermuten. Es könnte sich um die Vertreibung aus dem Paradies handeln (Gen 3,23f). Das entsprechende (nicht komplett sichtbare) Bild im 3. Register zeigt die Taufe Jesu (Mt 3,13-17). Typologisch gesehen wäre damit angedeutet, dass sich bei der Taufe Jesu das Paradies (der Himmel) zumindest für den Gottessohn wieder kurz geöffnet hat. Der Heilige Geist, der in Form einer Taube auf Jesus herabkommt, bestätigt in Einklang mit einer Himmelsstimme, dass Jesus „nicht von dieser Welt“, sondern Gottessohn ist.
Bild 2 im 2. Register zeigt den Seher Bileam, der seine Eselin schlägt, weil diese gegen seinen Willen stehen geblieben ist und ihn so daran gehindert hat, zu seinem Auftraggeber Balak zu kommen. Anders als Bileam hat die Eselin indes den im Weg stehenden „Engel des Herrn“ gesehen und erkannt, dass der Seher auf einem falschen Weg ist (Num 22,27ff). In seinem Verhalten erweist sich Bileam somit weniger als Tierquäler, sondern – wie der Teufel – als Widersacher Gottes. In der Versuchungsgeschichte, deren Anfang (Mt 4,1-4) im Bild 2 des 3. Registers dargestellt ist, versucht eine – durch die kleinen Teufelchen im Hintergrund als der Teufel zu identifizierende – Gestalt, Jesus vom richtigen Weg abzubringen: Diese zeigt auf die Steine am Boden und fordert Jesus, der wie ein Anachoret – umgeben von Tieren (darunter als Hinweis auf die Wüste u.a. ein Stachelschwein) – in einem Felsspalt sitzt, dazu auf, sich dadurch als Gottessohn zu erweisen, dass er die Steine zu Brot macht. Die leicht abweisende Hand Jesu zeigt, dass er damit nichts zu tun haben will. (Ganz im Hintergrund ist – um jeden Zweifel an der Gottessohnschaft Jesu auszuschließen – noch einmal an die Taufszene erinnert).
Schwieriger ist es herauszufinden, was Lots Flucht aus Sodom (Gen 19,16ff; Bild 3 im 2. Register) mit dem Ende der Versuchungsgeschichte (Mt 4,11) typologisch verbindet (Bild 3 im 3. Register): Engel retten und helfen zwar in beiden Fällen, aber die Rahmenbedingungen sind doch sehr unterschiedlich. Für das Bild im 3. Register haben die Künstler zudem Motive aus der Erzählung von der Einsetzung des Abendmahls (Mt 26,26-29: Jesus segnet Brot und Wein) mit Motiven aus der Erzählung von der Speisung der Fünftausend kombiniert (Mt 14,13-21: Engel bieten Jesus u.a. 2 Fische an): Beides sind Erzählungen, in denen die Handlungsweise Jesu diesen als Gottessohn ausweist.
Demgegenüber können auch in Sachen Typologie wenig versierte Betrachter leicht verstehen, warum eine Darstellung der Sinai-Perikope (Mose mit den Gesetzestafeln; Ex 24,12ff; Bild 4 im 2. Register) als Entsprechung zur Erzählung von der Verklärung Jesu (Mt 17; Bild 4 im 3. Register) erscheint. Das verbindende Element ist Mose: Am Sinai agiert er allein als Beauftragter Gottes, auf dem Berg der Verklärung ist er (zusammen mit Elia) nur Randfigur: Jesus erweist sich dort als mehr als ein Beauftragter Gottes, nämlich als der wahre Gottessohn; Mose und Elia sind nur stumme Zeugen dieses Machterweises.
Das Motiv, weshalb Bild 5 in Register 2: David lässt die Lade – das Heiligtum des Alten Bundes – nach Jerusalem bringen (2 Sam 6), parallel zu Jesu Einzug in Jerusalem erscheint (Mt 21,1-11; Bild 5 in Register 3), ist leicht zu erraten, wenn auch der intendierte typologische Bezug etwas oberflächlich wirkt. David lässt ja ein Kultobjekt nach Jerusalem bringen, der Gottessohn Jesus zieht dagegen selbst triumphal in Jerusalem ein. Die Menge erkennt aber noch nicht die volle (theologische) Wahrheit: Sie feiert Jesus als Davidssohn (womit eine Brücke zurück zum Stammbaum Jesu geschlagen ist). Nicht anders als im Falle der bereits behandelten typologischen Bezüge ist zum Ausdruck gebracht, dass aus der Sicht der Künstler die alttestamentlichen Traditionen zwar irgendwie bereits auf Jesus hindeuten, die volle Wahrheit aber erst mit dem Auftreten des Gottessohnes Jesus bekannt wurde.
Im Falle der Bilder 6 auf dem rechten Seitenpfeiler wirkt der typologische Bezug ähnlich oberflächlich: Es geht um kultische Vergehen. In Register 2 ist die Verehrung des goldenen Kalbs dargestellt (Ex 32,1-6); ein Hinweis darauf, dass Mose diesen Abfall vom Gott Israels in der Folge brachial bestraft hat, fehlt. Das (partiell abgeschnittene) Bild 6 in Register 3 zeigt demgegenüber wie der Gottessohn Jesus selbst die Händler und Wechsler aus dem Tempel vertreibt (Mt 21,12-17): Der Tempel Gottes ist sein Haus – ist er doch Gottessohn, d.h. wahrer Gott.
Die Bildkomposition als Ganze bietet somit eine Visualisierung der miaphysitischen Lehre der armenischen Kirche: Jesus ist (spätestens seit seiner Taufe) nur wahrer Gott. Sein Wirken als Mensch ist aus der Sicht des/der Künstler/s offenbar belanglos.
Detailaufnahmen von einigen der hier in ihrem Kontext abgebildeten Gemälde sind unter den ID-Nummern 16435, 16436, 16438 und 16439) zu finden.
Sachl. Kontext:
Shah Abbas I. legte 1603 südlich des Zayandeh Rud, gegenüber von Isfahan eine Siedlung für armenische Christen aus Jolfa an. Diese Zwangsumsiedlung sollte...
[mehr...]
 
Synonyme:
 
Objekte:Kalisa-ye-Vank, Kalīsā-ye Vānk, Kalîsâ-ye Vânk, Kalisa-ye-Wank, Kalīsā-ye Wānk, Kalîsâ-ye-Wânk, Kelīsā-ye Wānk, Kelisâ-ye Vank, Wank Kathedrale, Wank Cathedral, Vank-Kathedrale, کلیسای آمناپرکیچ, Kelisā ye Āmenāperkič, Kelīsā-ye Āmenāperkīč, Heilige Erlöser-Kathedrale, Kirche der heiligen Schwestern, Holy Savior Cathedral, Church of the Saintly Sisters,
Kirche, كليسا, Kelīsā, Kelīsīyā, Kelisā, Kelisjā, Kelisa, Kalisa, Kilisa, Kelysa, Church
Personen:Abbas I., شاه عباس یکم, Šāh-e ʿAbbās-e Yekom, شاه عباس بزرگ, Šāh-e ʿAbbās-e Bozorg, عباس الأول, ʿAbbās al-Awwal, عباس الأكبر, ʿAbbās al-Akbar, Shāh ‘Abbās I. der Große, Schah Abbas, ʿAbbās I, Shah Abbas, Abbas I of Persia, Abbas I of Safavid, Abas, Abbāß
Ortslage:Isfahan (PHS), اصفهان, Eṣfahān, Esfahān, Isfahan, Isfahân, Ispahan, Esfahân, Esfehan, Esphan, Aspandana, Sepahan, Asphahan, Aspahan, ASP, Jay, Shahristan, Shahrestân, نصف جهان, Nesf-e Ǧahān, Nisf Ǧahân, Hälfte der Welt, Half of the World, Nesf-e, Nasf-e, Nasf-i, Nasf i, Nasf e, Nesfe, Nesf-e-Jahan, Nisf-i-Jahan, Djahan, Djahân, Jahn, Jahaan, Jehan, Gahan, Dschahan,
Jolfā, Jolfâ, Julfa, Julfā, Julfâ, ǧulfā, ǧulfâ, Djolfa, Djolfā, Djolfâ, Djulfa, Djulfā, Djulfâ, Dscholfa, Dscholfā, Dscholfâ, Dschulfa, Dschulfā, Dschulfâ, Golfa, Golfā, Golfâ, Gulfa, Gulfā, Gulfâ, Colfa, Colfā, Colfâ, Culfa, Culfā, Culfâ
Provinz:Isfahan, استان اصفهان, Ostān-e Eṣfahān, Ostān-e Esfahān, Ostan-e Esfahan, Isfahân, Ispahan, Esfahân, Esfehan, Esphan, Aspandana, Sepahan, Asphahan, Aspahan
Land:Islamische Republik Iran, جمهوری اسلامی ایران, Ǧomhurī-ye Eslāmī-ye Irān, Ǧomhuri-ye Eslāmi-ye Irān, Jomhuri-ye Eslami-ye Iran, Irân, Irán, Īrân
 
Hintergrundinformationen:
 
Publizist:KiBiDaNO
Aufnahme-Kontext:Private Iranreise im Frühjahr 2018
Kategorien:Szenen (mehrfigurig), Sakral, Christlich, Armenisch, 17. Jh. n. Chr., 18. Jh. n. Chr., Dekor, Fayence, Malerei, Isfahan (PHS), Stadt
 
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Letzte Änderung:25.07.2021
Statische URL:https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00016434