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MyCoRe ID: | kibidano_kibpic_00015672 |
Titel: | Pella / Jordantal |
Landessprachlich: | طبقة فحل / واد الأردن |
Provinz/Region: | Irbid
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Haschemitisches Königreich Jordanien |
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Photograph: | Ernst Jenni |
Aufnahmedatum: | 15.09.1957 |
Texte: | Rüdiger Bartelmus |
Beschreibung: | Blick von Pella ins Jordantal und weiter ins Bergland in der Umgebung von Samaria. |
Sachl. Kontext: |
Pella – gelegen ca. 20km (Luftlinie) nordwestlich von Ajlun auf der Nordseite des tief in den westlichen Steilabfall des Jebel Ajlun eingerissenen Wadi...
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Pella – gelegen ca. 20km (Luftlinie) nordwestlich von Ajlun auf der Nordseite des tief in den westlichen Steilabfall des Jebel Ajlun eingerissenen Wadi el-Jirm am Rande des Jordangrabens – ist eine dank sehr günstiger klimatischer Bedingungen seit mehr als 7000 Jahren nahezu kontinuierlich besiedelte Ortslage. Zu beiden Seiten des Wadi el-Jirm gefundene Objekte aus dem Meso- und Neolithikum belegen überdies, daß die Gegend im Umfeld der bis zum Beginn des 21. Jh.s perennierenden Quelle Ain el-Jirm bereits weit länger von Menschen als Siedlungsgebiet genutzt wurde.
Die erste (nachweisbare) feste Siedlung lag noch auf der Südseite des Wadi el-Jirm; es war eine Hangsiedlung, d.h. man nutzte die Steilheit des Geländes zur Einrichtung von Gebäuden, indem man Vertiefungen im Hang anbrachte und dazu Steinmauern errichtete. Namentlich nachgewiesen ist der Ort erstmals in ägyptischen Texten vom Beginn des 2. Jtsd.s v.Chr., auch die Amarna-Texte und der Papyrus Anastasi kennen den Ort Pihilum/Pehel; letzterem Dokument ist zu entnehmen, daß hier Speichen für die Streitwagen der Ägypter produziert wurden – die Gegend muß damals also bewaldet gewesen sein. In hellenistischer Zeit – 310 v.Chr. richtete man hier so etwas wie eine Altersresidenz für makedonische Söldner ein – und vor allem in römischer Zeit entwickelte sich hier ein blühendes Gemeinwesen, das in den Verbund der Dekapolis aufgenommen wurde. In byzantinischer Zeit wuchs Pella weiter und wurde u.a. Sitz eines Bischofs und (dank einer nahe gelegenen Thermalquelle) ein beliebter Badeort.
Mit der Niederlage der Byzantiner in der Schlacht von Pella (635 n.Chr.) – in der muslimischen Geschichtsschreibung bekannt als der "Tag von Fahl" – begann der Niedergang der byzantinischen Herrschaft in Syrien-Palästina. Das bedeutete freilich nicht, daß die Stadt ihre Bedeutung verloren hätte oder daß die christliche Bevölkerung vertrieben bzw. islamisiert worden wäre. Erst ein gewaltiges Erdbeben im Jahre 749, das nahezu alle wichtigen Gebäude der Stadt zerstörte und in dem viele Einwohner starben, führte dazu, daß Pella als Stadt aufgegeben wurde. Eine gegen Ende des 20. Jh.s freigelegte mamlukische Breitraum-Moschee und umfangreiche Funde mamlukischer Keramik belegen immerhin, daß Pella auch in der Folgezeit besiedelt gewesen sein muß. Über die Rolle, die der Ort unter den Osmanen spielte, ist wenig bekannt. Nachgewiesen ist in jedem Fall, daß hier im 19. Jh. arabische Bauern zuzogen und in und neben den Ruinen das Dorf Tabaqat Fahl errichteten. Um die Grabungsarbeiten an diesem historisch-archäologisch bedeutenden Ort zu erleichtern, veranlaßte die jordanische Altertümerverwaltung dann allerdings am Ende des 20. Jh.s eine Umsiedlung des in den Ruinen wohnenden Teils der Bevölkerung: Das moderne Dorf liegt westlich der Stadtgrenze der byzantinischen Stadt.
Der Jordan durchfließt in Palästina auf rund 180km (Luftlinie) den – geologisch gesehen – vom Taurus bis zum Horn von Afrika reichenden großen Grabenbruch, der seine tiefste nicht von Wasser bedeckte Stelle am Rande des Toten Meeres erreicht (heute bei etwa -420m). Entgegen einer verbreiteten (und von der israelischen Staatspropaganda geförderten) Meinung ist der Jordan nicht "der" Fluß Israels: Nur in der Hule-Ebene und ein kurzes Stück nach seinem Ausfluß aus dem See Gennezareth verläuft sein Flußbett auf israelischem Staatsgebiet. Ansonsten bildet der Jordan – legt man die völkerrechtlich abgesicherten UNO-Grenzen von 1967 zugrunde – im Bereich nördlich des Sees Gennezareth den Grenzfluß zwischen Syrien und Israel und in seinem südlichen Verlauf vom See Gennezareth bis zum Toten Meer zu rund einem Drittel den Grenzfluß zwischen Israel und Jordanien und zu zwei Dritteln den Grenzfluß zwischen den Palästinensergebieten und Jordanien.
Was die Wassermenge bzw. die Quellen betrifft, stammt der weitaus größte Teil des Jordan-Wassers ohnehin eindeutig aus den Nachbarstaaten Israels: Seine vier wichtigsten Quellflüsse entspringen im südlichen Teil des Libanon bzw. am Hermon in Syrien. Die Flüsse Dardara / Iyyun und Hasbani / Snir liefern Wasser aus dem Libanon (die Quelle des letzteren liegt nördlich des Hermon am letzten Ausläufer des Antilibanon, also gut 50km von der Grenze Israels entfernt), der al-Leddan / Dan und der Banias / Hermon dagegen Wasser vom südlichen Abhang des Hermon-Massivs, also aus dem Teil des Staatsgebiets von Syrien, das Israel seit 1967 widerrechtlich besetzt hält. In Widerspruch zu den orographischen Gegebenheiten wird unbeschadet dessen Israel-Touristen zumeist die nahe der Stadt Banias gelegene mächtige Quelle des Banias / Hermon (ʿAin Panias; Ein Panias) als "die" Quelle des Jordan vorgestellt. (Daß Banias auf besetztem Gebiet liegt, stört die wenigsten Besucher, zumal sie entweder nicht wissen oder nicht wissen wollen, daß es im sog. Sechstagekrieg – nach einem Statement von Ariel Sharon – im Prinzip vor allem darum ging, Israel den ungeteilten Besitz des Jordan-Wassers zu sichern). Aber auch eine bei Tel Dan gelegene Quelle, deren Wasser sich mit dem aus syrischem Staatsgebiet kommenden Wasser des al-Leddan/Dan vereint, wird gelegentlich als Jordanquelle präsentiert.
Nach der Vereinigung der vier Quellflüsse durchfließt der Jordan die heute Hule-Ebene genannte, noch 80m über Seehöhe liegende Senke westlich der Golan-Höhen, um danach auf einer Strecke von nur 25km mehr etwa 300m an Höhe zu verlieren und in den See Gennezareth einzumünden. Kurz nachdem der Jordan dann den See Gennezareth wieder in Süden verlassen hat, nimmt er Wasser aus dem von Nordosten einmündenden Yarmuk in sich auf (der seinerseits auf einer langen Strecke die Grenze zwischen Syrien und Jordanien bildet), um danach mäandrierend weiter zum Toten Meer zu fließen. Der letzte bedeutende Nebenfluß auf dieser Strecke kommt wiederum von Osten; es ist der in der Nähe von Amman entspringende Nahr ez-Zerka/Jabbok.
Unbeschadet der stark voneinander abweichenden Zahlen, die Israel, die Palästinenser, die Weltbank, die Uno-Behörde für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) u.a. Institutionen zur Frage des Wasserverbrauchs in der Region verbreiten, kann man pauschal feststellen, daß Israel dem Jordan und seinen Nebenflüssen weit mehr Wasser entnimmt als ihm nach den Grundsätzen des Völkerrechts zustehen würde. Selbst wenn man sich den zionistischen Anspruch auf das ganze Eretz Yisrael zu eigen machen wollte, müßte man zugestehen, daß Israel in Sachen Wasser seine Nachbarn massiv übervorteilt – es sei denn man versteht unter Eretz Yisrael das Gebiet, das das sog. Großreich Davids angeblich umfasste oder gar das ideelle Konstrukt eines Israel vom "Bach Ägyptens, bis an den großen Strom, den Euphrat" (Gen 15,18).
Daß der Jordan seit jeher im christlichen Pilgerwesen (und bei kirchlich geprägten Israel-Touristen bis heute) eine wichtige Rolle spielt, ist allgemein bekannt, soll doch an ihm einst Johannes der Täufer auch Jesus getauft haben (vgl. Mk 1,9-11; Mt 3,13-17; Lk 3,21-22; Joh 1,29-34). Dementsprechend gibt es am Jordan mehrere "Taufstellen", die denn auch von besonders frommen Personen genutzt werden, um sich dort taufen zu lassen. Auch der Export von Jordanwasser zu Taufzwecken floriert nach wie vor.
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Objekte: | نهر الأردن, nahr al-Urdunn, nahr al-urdun, הירדן, nahar ha-jarden, nǝhar ha-jarden, Nehar haYarden, Ἰορδάνης, Ιορδανης ποταμος, River Jordan, Jordan River, شريعة, Šarīʿatun, Sherīʿāh, Sherī‘at, Sheri`at, Cheria |
Ortslage: | Pihilum, Pehel, Πέλλα, بيلا, Ṭabaqat Faḥl, Tabaqat Fahl, Tabaqatahl |
Provinz: | Irbid, محافظة إربد, أربد, Muḥāfaẓat Irbid, Mohafazat Irbid, Muhafazat Irbid, Arbēla, Arbela, Irbed, Erbed, Erbid, Irbit, Arbed, Arbid |
Land: | Haschemitisches Königreich Jordanien, الأردنّ, المملكة الهاشمية الأردنية, al-Mamlaka al-Hāšimīya al-Urdunnīya, al-Urdunn, Al-Mamlakah al-Urdunniyyah al-Hāšimiyyah, al-Mamlaka al-Urduniyya al-Hāschimiyya, Al-Urdonn, Hashemite Kingdom of Jordan |
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Literatur u.a.: | A.W. McNicoll, R.H. Smith, B. Henessy, Pella in Jordan. An interim report on the joint University of Sydney and the College of Wooster excavations at Pella 1979-1981, 1.1 und 2, Canberra 1982, A.W. McNicoll, Pella in Jordan. The second interim report on the joint University of Sydney and the College of Wooster excavations at Pella 1982-1985, Sidney 1992 |
Publizist: | KiBiDaNO |
Aufnahme-Kontext: | Lehrkurs des Deutschen Evangelischen Institutes für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes unter der Leitung von Prof. Dr. Arnulf Kuschke (31.7.-29.10.1957) |
Kategorien: | 20. Jh. n. Chr., Irbid, Landwirtschaft |
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Letzte Änderung: | 12.11.2014 |
Statische URL: | https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00015672 |
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