Ausschnitt aus dem angeblich längsten Bild der Welt, das im Rahmen einer straff organisierten Kinder-Mal-Demonstration im Herzen von Teheran gezeigt wurde. Im Zentrum des linken Bildes steckt die grüne Fahne des Islam in einer Art Waage. Auf ersterer ist das Bekenntnis aller Muslime geschrieben: لا اله الا الله (Es gibt keinen Gott außer Gott). Das Ganze könnte – sofern es sich bei den abgebildeten Personen in den Waagschalen (?) um eine Frau und einen Mann handelt – die Gleichberechtigung von Frau und Mann symbolisieren. Offen bleibt bei dieser Sicht aber, welche Rolle die dunkle Gestalt auf dem gleichfalls dunklen Teppich (?) mit dem schwarzen Dreieck (Berg?) spielt.
Geht man davon aus, dass sich im Blick auf die Bilder für den Weg zum Heil die muslimische und die traditionelle christliche Symbolik ähneln, könnte der dunkle Teil im Bild den Weg ins Verderben symbolisieren; dann wäre die rechte Person allerdings auch als Frau anzusehen – als Frau mit unzüchtiger Frisur und Kleidung. Dafür könnte der Umstand sprechen, dass der dunkle Weg auf der Seite dieser Person beginnt. Die Inschrift hilft hier nicht weiter, ist Shirin Shagerdiyan doch der Name des Malers.
Die Gestalt auf dem rechten Bild dürfte Ali oder Hossein sein, auch hier hilft die Inschrift bei der Deutung nicht weiter, ist in ersterer doch nur der Name des 13-jährigen Malers (der Malerin?) festgehalten.
Sachl. Kontext:
Das Verhältnis zwischen Iran und den Mächten der westlichen Hemisphäre ist seit der Gründung der Islamischen Republik gespalten: Man sucht Kontakt, stört...
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Das Verhältnis zwischen Iran und den Mächten der westlichen Hemisphäre ist seit der Gründung der Islamischen Republik gespalten: Man sucht Kontakt, stört diesen aber auch wieder durch Aktionen bzw. Worte, die entweder vom Westen oder von Iran als inakzeptabel empfunden werden. Im Rahmen des (wenig erfolgreichen) Versuchs, eine Kooperation zwischen den Universitäten Tehran und Kiel herzustellen, wurde das sehr deutlich. Dazu nur zwei Beispiele: Die deutschen Studierenden wurden bei der Summerschool von offizieller Seite sehr herzlich aufgenommen und zuvorkommend behandelt. Wollten sie freilich Kontakte mit iranischen Studierenden aufnehmen, wurde das weitestgehend unterbunden, um die Infiltration der letzteren mit "unislamischem" Gedankengut zu verhindern. Das wurde von den Deutschen natürlich als Affront empfunden – Kooperation ohne menschliche Kontakte ist keine Kooperation. Umgekehrt bekamen die Deutschen immer wieder vorgehalten, daß sie (resp. ihre Regierung) die legitimen Interessen Irans, ja der gesamten islamischen Welt nicht respektierten. Dies zeige sich nicht nur daran, daß die von den U.S.A. geforderten Wirtschafts-Sanktionen gegen Iran solidarisch mit getragen würden, sondern auch daran, daß man die eindeutig völkerrechtswidrige Landnahme Israels in den Palästinensergebieten allenfalls verbal kritisiere, in der Sache aber letztlich stillschweigend hinnehme, während man die entsprechende Kritik aus dem Iran als antisemitische Politpropaganda abtue.
Bei der Kinder-Mal-Demonstration vom 20. September 2005, bei der über mehr als einen Kilometer eine durchlaufende Doppel-Reihe von Bildern vom Laleh-Park entlang dem Bulvar Keshavarz bis weit nach Osten aufgestellt wurde (propagiert wurde das Ganze als das längste Gemälde der Welt), wurde die iranische Position in diesem Konflikt mehr als deutlich (und gab zu denken): Manche der (natürlich unter Aufsicht bzw. nach Vorgaben von Lehrerinnen erstellten) Bilder gaben dem Bedürfnis nach Aussöhnung zwischen Iran und dem Westen Ausdruck, so eine Darstellung, auf der die Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und George W. Bush Hand in Hand zu sehen waren (vgl. Bild ID 14449). Andere ließen erkennen, daß viele Aktionen des Westens als Aggression empfunden werden (vgl. Bild ID 14450). Alle hier eingestellten Bilder sind bewußt nicht kommentiert – sie wollen einer breiteren Öffentlichkeit ungefiltert zeigen, wie Iraner die Vorgänge in der Weltpolitik sehen.
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