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MyCoRe ID: | kibidano_kibpic_00009103 |
Titel: | Aleppo / Suq |
Landessprachlich: | حلب / سوق |
Ort: | Aleppo (PHS) |
Provinz/Region: | Aleppo
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Arabische Republik Syrien |
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Photograph: | Rüdiger Bartelmus |
Aufnahmedatum: | 21.09.2006 |
Texte: | Sybille Kambeck, Tom Fleischer, Rüdiger Bartelmus |
Beschreibung: | In dem nördlich des Khan al-Wazir gelegenen Suq, der nicht mehr zu dem einst berühmten Suq al-Madina gehörte, belegte die Gestalt der Geschäfte deutlich, daß hier ärmere Leute verkehrten.
Suq ist eine arabische Sammelbezeichnung, die sowohl eine einzelne (überdachte) Einkaufsstraße (-gasse) meinen kann, als auch das Ensemble mehrerer solcher Gassen, also den Markt. (In Europa verwendet man synonym dazu meist das aus dem Persischen stammende Lehnwort Basar). Um die einzelnen Teile eines Suqs im letztgenannten Sinne zu unterscheiden, folgt nach dem Stichwort Suq noch die Spezifikation durch einen weiteren Begriff wie z.B. "al-Buzuriye" (Gewürze) oder "as-Sagha" (Goldschmiede). Gibt es in einer Stadt – so etwa in Aleppo – ein eigenes Basar-Viertel, in dem Händler der verschiedensten Warengruppen in verschiedenen (unter einem Dach vereinten) Gassen ihre Waren anbieten – z.T. auch vor Ort produzieren –, spricht man generell vom Suq oder aber vom Suq-al Madina (Suq der Stadt), benennt aber die Gassen nach dem o.g. Prinzip. In diesem Fall ist zu beachten, daß zu einem solchen Suq auch Moscheen, Bäder, Krankenhäuser, Garküchen u.a.m. gehören. Ein solcher Suq ist so etwas wie eine Stadt in der Stadt mit eigenständigen Kommunikationsstrukturen und Menschen mit einer eigenen Lebensform. Leicht übertreibend könnte man formulieren, daß im Suq bzw. Basar eine ganz besonders soziale Form der Marktwirtschaft erfunden worden ist: Dank der räumlichen Nähe aller Geschäfte der gleichen Warengruppe kann der Kunde Preise und Qualität unmittelbar vor Ort vergleichen, dies um so mehr, als er Lebensmittel kosten und Kleider anprobieren kann, ohne deshalb sofort zu einem Kauf des Objekts genötigt zu werden; überdies kann, ja muß er über den Preis verhandeln und kann ihn so mit bestimmen. Das Eigeninteresse der benachbarten Händler sorgt – zusammen mit dem durch Laufburschen, Kleinhändler ohne eigenen Laden, Sus- und Teeverkäufer gewährleisteten raschen Informationssystem – für eine wirksame soziale Kontrolle. Letztere funktioniert nur dann nicht, wenn ein Kunde ohne Kenntnis von bzw. ohne Respekt vor den Regeln des Handelns im Suq auftritt. |
Sachl. Kontext: |
Bereits in der Mitte des 3. Jtsd.s. v.Chr. war der ca. 50m hohe Hügel, auf dem sich die Zitadelle von Aleppo befindet, Zentrum einer größeren Siedlung....
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Bereits in der Mitte des 3. Jtsd.s. v.Chr. war der ca. 50m hohe Hügel, auf dem sich die Zitadelle von Aleppo befindet, Zentrum einer größeren Siedlung. Der markante Hügel wurde als Wohnsitz des (nord-) syrischen Wettergottes Hadad angesehen und so bald zu dessen zentralem Kultort. Im 18. Jh. v.Chr. wird Aleppo (Ḫalaba) in keilschriftlichen Dokumenten (v.a. aus dem mesopotamischen Raum und dem westlich von Aleppo gelegenen Alalaḫ) als Hauptstadt eines bedeutenden Stadtstaates mit Namen Yamkhad (Yamḫad; Jamchad) erwähnt. Die Phase der Selbständigkeit endete in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s v.Chr.: Der Hethiterkönig Muršili I., der Babylon 1531 v.Chr. eroberte, dürfte den Feldzug dorthin schwerlich unternommen haben, ohne vorher Aleppo (Yamkhad) "neutralisiert" zu haben. Danach folgte eine kurze Phase der Abhängigkeit vom Reich von Mitanni. Im 14. Jh. v.Chr. gewannen wieder die Hethiter die Oberhand in (Nord-)Syrien: Anders als Tudḫaliya III., der nach einem Sieg über Mitanni noch einen Vertrag mit Aleppo schloss, eroberte dessen Nachfolger Šuppiluliuma I. die Stadt und gliederte sie in das hethitische Großreich ein. Nach einer längeren Phase erneuter Unabhängigkeit als Zentrum eines "späthethitischen" bzw. aramäischen Kleinstaats (ab ca. 1200 v.Chr.) eroberte der Assyrerkönig Salmanassar III. (858-824) die Stadt und bezog sie und ihr Umfeld in das den ganzen Nahen Osten umfassende neuassyrische Großreich ein, das wiederum rund 200 Jahre später an die Babylonier fiel, die ihrerseits nach etwa 100 Jahren von den Persern als Zentralmacht im Nahen Osten abgelöst wurden. Genauere Informationen über die Rolle Aleppos in dieser Phase der Geschichte, insbesondere in der Perserzeit, fehlen. Historisch greifbare Bedeutung gewann Aleppo erst wieder in der hellenistischen Zeit: Unter dem Diadochen Seleukos Nikator I. wurde die nunmehr Beroia genannte, quasi neu gegründete Stadt bald nach 300 v.Chr. zu einem wichtigen Handelszentrum. Diese Rolle behielt Aleppo auch während der Herrschaft Roms – Pompeius war es gelungen, Aleppo 69 v.Chr. in den römischen Herrschaftsbereich einzugliedern. Als im 4.Jh. n.Chr. Ostrom (Byzanz) an die Stelle von Rom trat, änderte sich so gut wie nichts an der Rolle von Aleppo als Handelsmetropole.
Relativ bald nach der muslimischen Eroberung (636 n.Chr.) wurde Aleppo dann aber für längere Zeit auch zu einem politischen Machtzentrum bedeutender Dynastien: Die Zengiden und Ayyubiden bekämpften von hier aus erfolgreich die Kreuzfahrer. 1260 fiel Aleppo an die Mongolen, die große Zerstörungen in der Stadt anrichteten. Unterbrochen von einem kurzem zweiten Überfall durch die Mongolen war die Stadt dann bis 1516 ein wichtiges administratives Zentrum des Mamlukenreiches, danach fiel sie an die Osmanen. In der Folgezeit verlor Aleppo an politischer Bedeutung, blieb aber ein immerhin ein Verwaltungszentrum; v.a. aber behielt die Stadt ihre Rolle als Metropole des Orient-Handels. In ihr konnten Menschen aus unterschiedlichsten Ethnien, gleichgültig ob sie muslimischen, christlichen, jüdischen oder eines anderen Glaubens waren, relativ konfliktfrei miteinander leben. Analoges galt bis ins frühe 20. Jh. für die gesamte – aus drei Sandschaks bestehende – Vilayet (Provinz) Aleppo, die damals bis weit in die heutige Türkei hinein reichte. Im Rahmen der Zerschlagung des Osmanischen Reiches auf der Basis des Sykes-Picot-Abkommens und der Wirren bis zur Gründung der Republik Türkei kam es in den schließlich der Türkei zugeschlagenen Sandschaks Marasch und Urfa zu Pogromen gegen Minderheiten, v.a. gegen die Armenier. In Aleppo selbst (und Teilen des zugehörigen gleichnamigen Sandschaks) blieben die Armenier und andere religiöse bzw. ethnische Minderheiten wie z.B. die Kurden weitgehend unbehelligt.
Im Verlauf des 20. Jh.s wuchs Aleppo – zunächst unter der französischen Mandatsverwaltung, dann als Teil der säkular orientierten Republik Syrien – zu einer Millionenstadt an: Am polyethnischen, religiös toleranten Charakter der Stadt änderte sich bis ins erste Jahrzehnt des 21. Jh.s nur wenig. Soziale Spannungen zwischen den Bewohnern der rasch wachsenden, architektonisch eintönigen Neubauviertel und den reicheren Bevölkerungsschichten in der Innenstadt waren freilich auch hier (wie praktisch überall in Großstädten dieser Dimension) schon im letzten Drittel des 20. Jhs. nicht zu übersehen. Parallel dazu entwickelten sich – zunächst unterschwellig – Spannungen zwischen der sunnitischen Mehrheit und dem Rest der Bevölkerung, die von den Golfstaaten und v.a. von Saudi-Arabien (aber auch von Seiten der Türkei) nach Kräften befördert wurden, und die 2011 dann in einen (im Westen wegen anfänglicher vereinzelter demokratischer Proteste fälschlich als Teil des sog. arabischen Frühlings interpretierten) Krieg zwischen mehr oder weniger radikalen sunnitischen Gruppen und der die säkulare Verfassung verteidigenden, autokratischen Zentralregierung ausmündeten: Ende 2016 war etwa die Hälfte der einst blühenden Metropole quasi dem Erdboden gleichgemacht; bereits in den Jahren davor waren Teile der Altstadt – darunter der Suq und das Minarett der Umayyadenmoschee – zerstört worden.
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Objekte: | Markt, سوق, Sūq, Sûq, Suq, Souk, Souq, Suuq, Sooq, Suk, Sûk, Pl. أسواق, Aswāq, Market, بازار, Bāzār, Bazar |
Ortslage: | Aleppo (PHS), حلب, Ḥalab, Halab, Ḫalab, Halaba, Hallaba, Chalba, Haleb, Ḫalpa, Halpa, Halap, Halep, Helep, Madinat Halab, Madînat Ḫalab, Khalepion, Haleppo, Aleppe, Alep, Alepo, Beroia, Beröa, Beroea, Berea |
Provinz: | Aleppo, محافظة حلب, Muḥāfaẓat Ḥalab, Muhafazat Halab, Mohafazat Halab, Halaba, Ḥalab, Aleppe, Alep, Alepo, Haleb, Haleppo |
Land: | Arabische Republik Syrien, الجمهورية العربية السورية, سورية, بلاد الشم, Bilād aš-Šām, Sūrīya, al-Ǧumhūrīya al-ʿArabīya as-Sūrīya, Bilâd aš-Šâm, Sûriyya, Al-Jumhuriya al-'Arabiya as-Suriya, Syrien, Syrie, Suria, Surija, Großsyrien, Greater Syria |
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Literatur u.a.: | Walter M. Weiss, Kurt-Michael Westermann, Der Basar: Mittelpunkt des Lebens in der islamischen Welt, Geschichte und Gegenwart eines menschengerechten Stadtmodells, Wien 1994 |
Publizist: | KiBiDaNO: Kieler Bilddatenbank Naher Osten |
Aufnahme-Kontext: | Syrienexkursion 2006 der Theologischen und Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter der Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Bartelmus (Institut für Alttestamentliche Wissenschaft und Biblische Archäologie) und Prof. Dr. Anja Pistor-Hatam (Institut für Orientalistik, Lehrstuhl für Islamwissenschaft) |
Kategorien: | Nutzbauten, 21. Jh. n. Chr., Aleppo (PHS), Handel, Stadt |
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Letzte Änderung: | 21.07.2021 |
Statische URL: | https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00009103 |
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