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MyCoRe ID: | kibidano_kibpic_00016328 |
Titel: | Mosul / Qara Saray / Tigris |
Landessprachlich: | الموصل / كرا سراى / دجلة |
Ort: | Mosul (PHS) |
Provinz/Region: | Ninawa
-
Republik Irak |
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Photograph: | Rüdiger Bartelmus |
Aufnahmedatum: | 12.09.1976 |
Texte: | Rüdiger Bartelmus |
Beschreibung: | Blick über die Ruinen des Qara Saray (Qara Serail) auf den Tigris. Das Bild macht deutlich, dass Mosul in den siebziger Jahren des 20. Jh.s noch nicht so stark angewachsen war, dass es sich auf das Ostufer des Tigris ausgebreitet hätte. (Vgl. dazu Bild ID 16329) |
Sachl. Kontext: |
Mosul dürfte um die Zeitenwende als kleine Siedlung auf dem Westufer des Tigris gegründet worden sein; belegt ist seine Existenz ab der Partherzeit. Unter...
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Mosul dürfte um die Zeitenwende als kleine Siedlung auf dem Westufer des Tigris gegründet worden sein; belegt ist seine Existenz ab der Partherzeit. Unter den Sasaniden hieß die (immer noch kleine) Stadt Now Ardaschir. Auch als der Ort unter dem Umayyadenkalifen Marwan II. Provinzhauptstadt der Djesira wurde, blieb die Größe der Stadt überschaubar. Hauptstadt eines (anders geschnittenen) Bezirks blieb Mosul unter den Abbasiden; der Bezirk umfasste v.a. Wohngebiete der Kurden. In der Stadt selbst lebten (damals wie bis zur Eroberung der Stadt durch den sog. Islamischen Staat; 2014) Menschen aus unterschiedlichen Ethnien und Religionen (v.a. Kurden, Araber, Jeziden, assyrische Christen u.a.m.). Unter den Hamdaniden (10. Jh.) wurde Mosul erstmals Hauptstadt einer eigenständigen politischen Einheit. Unterbrochen von einer kurzzeitigen Besetzung durch die Seldschuken verblieb Mosul diese Rolle auch unter den Ukailiden im 11. Jh. Im Jahre 1096 übernahmen dann endgültig die Seldschuken die Stadt. Sie wurde zunächst Sitz eines Statthalters (Atabek; Atabeg), doch bereits der Sohn des ersten Statthalters – Zengi – löste sich aus der Abhängigkeit. Die Zengiden, die ihren Machtbereich bis nach Aleppo ausdehnten und die Kreuzfahrer erfolgreich bekämpften) machten die Stadt im 12. Jh. wieder zum Zentrum eines größeren politischen Einheit, mussten aber zuletzt die Oberherrschaft Saladins anerkennen. Bis kurz vor der ersten Eroberung Mosuls durch die Mongolen unter Hulagu (1261) blieb Mosul dann in den Händen der Ayyubiden. Exakte Informationen dazu, wer die Stadt in der Folgezeit bis zum zweiten Mongolensturm unter Timur (1400) beherrschte, fehlen. Im 15./16. Jh. übernahm der turkmenische Stammesbund der Ak Koyunlu die Herrschaft, kurzzeitig folgten die Safawiden, denen die Osmanen 1535 die Stadt und deren Gebiet entrissen; später wurde daraus das Vilayet Mosul. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Stadt samt dem Vilayet – gegen den Willen der kurdischen Bevölkerungsmehrheit, aber auch der Türkei – zunächst dem englischen Mandatsgebiet Mesopotamien zugeschlagen, nach blutig niedergeschlagenen Aufständen wurde schließlich 1921 das Königreich Irak ausgerufen, Feisal (ein Sohn des Scherifen von Mekka) in Bagdad als König eingesetzt, und die Vilayet Mosul wurde eine der drei Provinzen des neuen Staates. 1958 wurde der König (Feisal II.) ermordet und die Republik Irak wurde ausgerufen. In ihr galten Araber und Kurden zunächst als gleichberechtigt, was der kurdischen Mehrheitsbevölkerung in Mosul entgegenkam. Schon nach kurzer Zeit setzten sich indes in Bagdad panarabische Kräfte durch, was zu Unruhen in den Kurdengebieten, also auch in Mosul führte, aber einen gewissen Aufschwung nicht entscheidend behinderte. So wuchs Mosul gegen Ende der zweiten Hälfte des 20. Jh.s zur Millionenstadt heran. Angesichts dieser Entwicklung ist es verständlich, dass sich die jahrhundertelang auf Quartiere westlich des Tigris beschränkte Stadt auch auf das Ostufer des Tigris ausbreitete, also dorthin, wo einst die assyrische Kapitale Ninive lag (vgl. den unten folgenden Exkurs). Vor der Übernahme der Stadt durch den sog. Islamischen Staat im Jahre 2014 – die nicht-sunnitische Bevölkerung wurde vom IS z.T. vertrieben, z.T. versklavt oder aber einfach ermordet – waren es mehr als zwei Millionen Einwohner. Wie viele Einwohner seither fliehen konnten ist ebenso wenig bekannt wie die Zahl der Vertriebenen, Versklavten und Getöteten. Dass die Einwohner der Stadt nicht nur unter dem IS leiden, ist bekannt: Bei Luftangriffen der von den US-Amerikanern angeführten Koalition gegen den IS werden häufig Zivilisten getötet – in der Sprache der Militärs "Kollateralschäden".
Exkurs:
Hätten nicht die Neubabylonier unter Nabopolassar (Nabu-apal-uṣṣur; 626-605) unterstützt von Medern und Skythen Ninive 612 v.Chr. so gründlich zerstört, dass schon rund 200 Jahre später Xenophon – als er im Zuge des "Rückmarschs der Zehntausend" nach der Niederlage bei Kunaxa dem Tigris folgend zum Schwarzen Meer zog – nicht mehr wahrnahm, dass dort, wo der خصر (Ḫosr; Khosser; Khosar) von Osten her in den Tigris einmündet, die einst hochberühmte Stadt Ninive gelegen hatte, wäre Mosul wohl nicht als neue Stadt auf dem Westufer des Tigris gegründet worden, sondern an der Stelle des einstigen Ninive. Pointiert formuliert: Mosul verdankt seine Existenz und heutige Bedeutung dem Umstand, dass eine andere Stadt dem Erdboden gleich gemacht wurde und für rund zwei Jahrtausende von der politischen Landkarte des Nahen Ostens verschwand. Dass die Provinz, deren Hauptstadt Mosul ist, gegen Ende des 20. Jh.s den Namen Ninawa bekam und nicht nach der nordirakischen Metropole benannt wurde, kann man von daher als eine späte "Wiedergutmachung" für die Vernichtung der "großen Stadt Ninive" (Jon 1,2) durch die Babylonier sehen.
Aus dem kollektiven (von legendarischen Überlieferungen gestützten) Gedächtnis der Region war Ninive allerdings nie völlig verschwunden: Die bekannteste und wirkmächtigste derartige Überlieferung ist zweifellos die Jona-Erzählung in der Bibel. Nach dieser mit legendarischen Elementen und theologischen Gedanken gefüllten Novelle war Ninive so groß, dass in der Stadt "mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen" lebten (Jon 4,11; die Jona-Erählung wurde etwa zur gleichen Zeit abgefasst wie die "Anabasis" Xenophons!). Breitere Wirkung entfaltete diese Tradition freilich erst dadurch, dass nicht nur die in Mesopotamien verbliebenen Juden, sondern nach der allmählichen Christianisierung von Teilen des Orients auch Christen und danach die Muslime dem Ort Aufmerksamkeit schenkten, der für sie mit dem "Propheten" Jona verbunden war. In einem Reisebericht (verfasst 1178, publiziert indes erst 1543) erwähnte der spanische Rabbiner Benjamin von Tudela die gegenüber Mosul auf der orographisch linken Seite des Tigris gelegenen Ruinen Ninives und fast zeitgleich bereiste der muslimische andalusische Dichter Ibn Dschubair den Orient und erwähnte in seinem Bericht das Ruinenfeld gegenüber von Mosul, unter dem sich die Stadt Ninawa, die Stadt des Jona verberge. Am bekanntesten ist aber v.a. der Bericht des Reisenden Ibn Battuta, der im Sommer 1327 Mosul besuchte. Er erwähnt, dass gegenüber der befestigten Stadt Mosul am anderen Ufer des Tigris ein Heiligtum von Nabī Yūnus (des Propheten Jona) liegt, und er ergänzt, man habe ihm erzählt, dass unter dem Ruinenfeld, das daneben liegt, die Stadt Ninawa liege.
Der Tigris ist einer der beiden weithin bekannten großen Flüsse, deren Quellen in den – im Winter schneereichen – Gebirgen im Osten der Türkei liegen; der andere ist der Euphrat. Die Quellflüsse des Tigris durchfließen zunächst Teile der Kurdengebiete in der Ost-Türkei, bevor sie – vereint als Tigris und mehrfach durch Staumauern zur Bewässerung von Feldern eines Teils ihres Wassers beraubt – die Ketten des Taurus durchbrechen, um dann ab Cizre für rund 40 km den Grenzfluss zwischen der Türkei und Syrien zu bilden. Ab Faysh Khabur fließt der Tigris dann unter dem Namen Nahr Dijlah durch den Irak, vereint sich etwa 40 km südlich von Mosul mit dem gleichfalls aus den Kurdengebieten in der Ost-Türkei kommenden Großen Zab (Zêyê Mezin / Büyük Zab / Büyükzap Suyu / الزاب الكبير / az-Zāb al-Kabīr) und nach weiteren 80 km mit dem Kleinen Zab (زاب کوچک / Zâb-e Kuček / الزاب اللصغير / az-Zāb al-ṣaġīr), dessen Ursprung im Iran liegt, um so vereint Baghdad und den den südlichen Teil des Irak mit Wasser zu versorgen.
Nach dem Zusammenfluss mit dem Euphrat bei Al-Qurnah nordwestlich von Basra verliert der Tigris (nicht anders als der Euphrat) seinen Namen. Auf den rund 200 km ihres „gemeinsamen Unterlaufs“ (so H. Wehr, Arabisches Wörterbuch, Wiesbaden 1977, 429) erscheinen beide unter dem Namen Schatt al Arab („Ufer der Araber“) und münden – zuletzt als Grenzfluss zwischen Irak und Iran in den Persischen Golf. Dieser Name für die – trotz der extensiven Entnahme von Wasser für landwirtschaftliche und andere Zwecke – in manchen Jahreszeiten immer noch gewaltigen Wassermassen wirkt seltsam. Rein semantisch gesehen würde der persische Name „Arwandrud“, der bereits in sasanidischen Quellen belegt ist, besser für diesen Abschnitt des „gemeinsamen Unterlaufs“ beider Flüsse passen („rud“ heißt „Fluss“). In den einschlägigen Texten meint „Arwandrud“ indes häufig den ganzen Tigris. Den „gemeinsamen Unterlauf“ der beiden Flüsse nach dem weniger bedeutenden zu benennen, wäre freilich nicht weniger seltsam als das Verfahren, ein Fließgewässer dieser Dimension „Ufer“ oder „Küste“ zu nennen.
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Objekte: | Palast / Schloß, قصر, Qaṣr, Qasr, Quasr, Ḳaṣr, Kasr, Qazr, Pl. قصور, Deminutiv قصير, Quṣūr, Quṣair, Quṣayr, Quṣeir, Ḳuṣejr, Quseir, Quser, Qusayr, سراى, sarāy, Saray, Serail, Palace, Castle |
Personen: | Abbasiden, العباسيون, al-ʿAbbāsīyūn, Abbaßiden, Ardashir, اردشیر, Ardašīr, Ârdaxšîr, Ardaxšēr, Artaxšatr, Artakhshathra, Ardasxhîr, Artashastra, Ṛtaxšaça, Ardaschir, Ardasheer, Ardesheer, Ardeshir, Ardeschir, Ardushir, Artaxerxes, Artaxares, ʾΑρταξέρξης, ʾΑρταξέσσης, ʾΑρτοξέρξης, Ayyubiden, بنو أيوب, Banū Ayyūb, الأيوبيون, al-Aiyūbiyūn, دهوڵەتی ئهييووبيان, Dewleta Eyûbiyân, Marwan II., مروان بن محمد بن مروان, Marwān ibn Muḥammad ibn Marwān, Merwan bin Muhammad bin Merwan, Marawan, Marwān Ii b. Muḥammad b. Marwān b. al-Ḥakam, Nur ad-Din, نور الدين زنكي, Nūr ad-Dīn Zankī, Nuredin Zanki, Nur ad-Din Zangi, Nur ad-Din Zengi, الملك العادل نور الدين ابو القاسم محمود بن زنكي, al-Malik al-ʿĀdil Nūr ad-Dīn Abu l-Qāsim Maḥmūd b. Zengī, Al-Malik al-Adil Nur ad-Din Abu l-Qasim Mahmud ibn Zengi, Nūr al-Dīn Maḥmūd b. Zankī, Nur ad-Din Mahmud, Nur ed-Din, Nur al-Din, Nureddin, Nuraddin, Nuruddin, Osmanen, العثمانين, al-ʿUṯmāniyyūn, Osmanlılar, عثمانيلر, Osmânîler, Ottomans, Ottomanen, Safawiden, صفویان, Ṣafawīyān, Ṣafawiden, Ṣafawids, Safaviden, صفویلر, Safaviler, Adj.: صفوي, ṣafawi, safawi, safavi, Saladin, صلاح الدين الأيوبي, Ṣalāḥ ad-Dīn al-Ayyūbī, صلاح الدين يوسف بن أيّوب الدوينيّ, Ṣalāḥ ad-Dīn Yūsuf b. Aiyūb ad-Dawīnī, Ṣalâh ad-Dîn, Salah ad-Din, Salah al-Din, Salâh ad-Dîn, Salah ed-Din, Salahaddin, Salahuddin, Salachaddin, Salaheddin, Selahadînê, Salahiddin, Salahddin, Salah ud Din, Salahudin, Salahedin, Selahaddin, Selaheddin, Selahuddin, Salahadin, Salahidin, Salahadeen, Salahedeen, Salahudeen, Salahideen, Salahdeen, Salahaddeen, Salaheddeen, Salahiddeen, Salahuddeen, Seldschuken, السلاجقة, سلجوقيان, as-Salāǧiqa, Salǧūqīyān, Sald̲j̲ūḳids, Seljuken, Seldjuken, Seldschuqen, Salschuqen, Seldschuk-Türken, Selçuklular, Sseldschüken, Seldshuken, sg. سلجوق, Salǧūq, Seldschük, Timur-Lenk, تیمور لنگ, تيمور گوركانى, Tīmur-e Lang, Tīmur-e Gurkānī, Tīmūr bin Taraghay Barlas, Timur-Leng, Tamerlan, der Eiserne, der Lahme, Timur-i Lenk, Timur Läng, Timur Khan, Amir Temur, Tamerlane, Taimur, Aqsaq Timur, Teymour, Taymur, Ukailiden, عقيليون, ʿUqailiyūn, Okayliden, Banu Uqail, Zengi, زنكي, Zankī, Zenki, Zanki, زنگي, Zangi, Zengui, Sengi, عماد الدین زنكي, ʿImād ad-Dīn Zankī, Imad ad-Din Atabeg Zengi, Imaddin ibn Aqsunqur Zangi, Imad El-Deen Zengui, 'Imad al-Din Zanki, pl. زنكيون, Zankiyūn, Zengiden, Zangiden, Zankiden, Sengiden |
Ortslage: | Mosul (PHS), الموصل, al-Mawṣil, Al Mawşil, al-Mauṣil, Al Mausil, al-Mawsil, Al Mūşil, Al Musil, Al Mosul, al-Mōṣul, al-Mawsul, al-Mausul, al-Mûṣul, مووسڵ, Mûsil, موسل, Musil, Musul, Musoul, Mousul, Mousl, Mosul, Mosoul, Mousol, Mosool, Maosul, Mosol, Mosl, Moszul, Mussol, Mossoul, Moussol, Moussoul, Mussul, Moussul, Mossul, Moossul, Moossoul, Mossool, Mossol, Musel, Moosil, Mosil, Mousil, Moosel, Mousel, Mosel, Mossel, Moussel, Mussil, Moussil, Mossil, Maṣlawī, Nîněwâ, Naw-Ardašir, Now Ardaschir, Mespila, Μέσπιλα, al-Faiha, al-Ḫaḍrā, al-Khaḍrah, al-Hadbah, Khawlan |
Provinz: | Ninawa, محافظة نينوى, Muḥāfaẓat Nīnawā, Muhafazat Nînawa, Mohafazat Nínive, Nineve, Nîněwâ, Nineveh, Niniveh, Nynawa, Ninava, Neynewa, Ninwe, Ninaweh, Nineweh, Al-Mawsil, Mosul |
Land: | Republik Irak, الجمهورية العراقية, العراق, al-ʿIrāq, al-Ǧumhūrīya al-ʿIrāqīya, al-ğumhûriyya al-'irâqiyya, al-írâq, Irak, al-Dschumhūriyya al-'Irāqiyya, Al-Jumhuriyah Al-Iraqiyah, Iraq |
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Literatur u.a.: | P. Matthiae, Ninive. Glanzvolle Hauptstadt Assyriens, München 1998, bes. 7-23 |
Publizist: | KiBiDaNO |
Aufnahme-Kontext: | Orientreise 1976: Türkei-Syrien-Irak (Rüdiger Bartelmus, Hans-Jürgen Hensel (✝), Christiane Wendler) |
Kategorien: | Repräsentationsbauten, 13. Jh. n. Chr., 20. Jh. n. Chr., Wasser, Mosul (PHS), Stadt |
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Letzte Änderung: | 02.10.2021 |
Statische URL: | https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00016328 |
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