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MyCoRe ID: | kibidano_kibpic_00013986 |
Titel: | Ur / Zikkurat |
Landessprachlich: | تل المقير / زیقورات |
Provinz/Region: | Dhi Qar
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Republik Irak |
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Photograph: | Rüdiger Bartelmus |
Aufnahmedatum: | 08.09.1968 |
Texte: | Rüdiger Bartelmus |
Beschreibung: | Ansicht der – gründlich restaurierten – Zikkurat des Nanna (Sin) von Osten. Der kleine Tempel, von dem der mächtige Bau einst zweifellos gekrönt wurde, ist aus naheliegenden Gründen nicht mehr erhalten (und mangels konkretem Vorbild auch nicht rekonstruiert worden). Wohl aber sind die mächtigen Freitreppen gut zu erkennen, über die man dorthin gelangen konnte – bei genauem Hinsehen auch das technische Detail, daß man in den Wänden Öffnungen angebracht hatte, um das in kleinen Kanälen zusammengeführte Sickerwasser aus dem Inneren des Baus abzuleiten. |
Sachl. Kontext: |
Das sumerische Ur – häufig (wenn auch kaum zu Recht) mit dem biblischen "Ur in Chaldäa" gleichgesetzt – gehört zu den bekanntesten archäologischen Stätten...
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Das sumerische Ur – häufig (wenn auch kaum zu Recht) mit dem biblischen "Ur in Chaldäa" gleichgesetzt – gehört zu den bekanntesten archäologischen Stätten im südlichen Zweistromland, und dies nicht erst seit den Grabungen, die Sir Leonard Woolley dort in den 20-er und 30-er Jahren des 20. Jh.s durchgeführt hat. Als vermeintliche Heimatstadt Abrahams stand Ur vielmehr schon bald nach der Mitte des 19. Jh.s im Zentrum fundamentalistischen Interesses. J.E. Taylor hatte hier 1853/54 auf der Zikkurat des Mondgottes Nanna (Sin) Inschriften gefunden, die Erwägungen erlaubten, den Ort mit dem biblischen "Ur" zu identifizieren. (Selbst in einem seriösen Lexikon wie der TRE 3, Bd. 1, 1896, 106 findet sich ein entsprechender Hinweis). Daß Gen 11,28.31, wo als Heimat Abrahams Ur Kasdim erwähnt wird, textkritisch gesehen extrem problematisch ist – entweder ist das Wort עיר ausgefallen oder es ist mit der Septuaginta ארץ statt אור zu lesen –, hindert fromme Bibelforscher bis heute ebenso wenig an dieser naiven Identifikation wie der Umstand, daß alle übrigen Ortsangaben in der Genesis darauf hinweisen, daß die Vätersagen als Herkunftsort der Abrahamssippe die Gegend um Harran in Nordsyrien voraussetzen: "Die Bibel hat (eben) doch recht!" Die Erkenntnis der Wissenschaft, daß hinter den Erzählungen von Abraham ohnehin keine historisch greifbare Gestalt steht, hält ein bibelgläubiger Christ oder Jude sowieso für eine blasphemische Ansicht von Ungläubigen.
Auf ungleich sichererer Basis bewegt man sich, wenn man versucht, die (kurze) Geschichte von Ur zu skizzieren, liegen doch zahllose Dokumente und archäologische Funde vor, die – sieht man von Fragen der Chronologie einmal ab (die Forschung kennt eine lange, eine kurze und die hier vorausgesetzte mittlere Ch.) – ein relativ klares Bild ermöglichen. Von den frühen Herrschern wie Meskalamdug (1. Dynastie von Ur) kennt man allerdings kaum mehr als den auf einem Goldhelm und anderen Objekten verewigten Namen (seine Regierungszeit wird um 2500 v.Chr. angesetzt): Unter ihm und seinen Nachfolgern wurde die riesige Grabanlage der "Königsgräber von Ur" geschaffen. In ihr fand man nicht nur den oben erwähnten Goldhelm, sondern auch das Grab einer Herrscherin (Puabi), die zusammen mit ihrem Schmuck und ihrer Dienerschaft bestattet wurde; dazu kommt eine Fülle weiterer Objekte, darunter die heute im British Museum ausgestellte sog. Kultstandarte von Ur. Auf historisch sicheren Boden gelangt man erst mit Ur-Nammu (2112-2095 v.Chr.), dem Begründer der 3. Dynastie, die das gesamte südliche Zweistromland bis hinein in die Susiana ihrer Vorherrschaft unterwerfen konnte. Auf ihn und seinen Sohn Šulgi (2094-2047 v.Chr.) gehen die meisten Bauten zurück, die heute die Ausgrabungsstätte optisch bestimmen, so u.a. die Zikkurat des Nanna (Sin) und der südsüdöstlich davon gelegene große Palast; Ur-Nammu ist zudem als "Verfasser" des sog. Codex Urnammu bekannt geworden, einer der ältesten Rechtssammlungen aus Mesopotamien. Gut 100 Jahre nach dem Beginn dieser Blütezeit von Ur ist mit Ibbi-Sin (2028-2004 v.Chr.) dann bereits das Ende der Dynastie gekommen; er unterliegt den Elamern, die ihn und eine Statue des Nanna in ihr Kernland nach Anschan verschleppen. Sumer als Ganzes ist damit freilich noch nicht endgültig aus der Geschichte verschwunden: Die Vormachtstellung von Ur geht kurz nach der Niederlage Ibbi-Sins auf Isin über (Isin-Larsa-Zeit; bis 1763 v.Chr.).
Unbeschadet dieser politischen Entwicklungen behielt das Heiligtum des Mondgottes in Ur noch für rund 1500 Jahre eine große Bedeutung, was sich daran ablesen läßt, daß Išme Dagan von Isin, danach Kassiten, Assyrer und Babylonier an der Zikkurat Renovierungsarbeiten vornahmen. Unter dem als Verehrer des Mondgottes bekannten (und über die einseitige Bevorzugung dieses Gottes gestürzten) Nabonid, dem letzten König des neubabylonischen Reiches, wurde nicht nur die Zikkurat renoviert,es wurde vielmehr auch ein neuer Palast errichtet, der ganze heilige Bezirk erweitert und mit einer Mauer abgesichert. Aber schon bald danach verödete Ur; alte Quellen berichten davon, daß hier nur mehr "Araber", d.h. nomadisierende Stämme siedelten.
Beim Einmarsch der Amerikaner in den Irak (2003) wurden dem Vernehmen nach Außenbezirke des Grabungsareals zerstört (so Welt online 21.02.2008), die Zikkurat scheint indes nicht allzu sehr gelitten zu haben.
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Objekte: | Tempel, معبد, هيكل, Maʿbad, Mabad, Ma'bad, Maabad, Haykal, Haikal, Pl. معابد, هياكل, Hayākil, Maʿābid, Temple, Zikkurat, زیقورات, Ziqurāt, Zīgurāt, Zigurat, Ziggorat, Zigorat, Ziggurrat, Zigurrat, Zigourat, Ziggourat, Zigourrat, Ziqqurrat, Zigoorat, Zigguret, Ziguratt, Zigourate, Sigurat, Siggurat, Zikurat |
Personen: | Nannar, ŠEŠ.KI, Urnammu, Ur-Namma, Ur-Engur, Ur-Gur, Schulgi, Shulgi, Dungi |
Ortslage: | Tell al-Muqayyar, Tell el-Mukkayar, Tell Mugheir, Tell Muqaiyar, El Muqqajar, Uri, Urim, Urum |
Provinz: | Dhi Qar, محفظة ذي قار, Muḥāfaẓat Ḏī Qār, Muhafazat Dhî Qâr, Mohafazat Thi-Qar, Thee Kar, Thee Qar, Thi Qhar, Dhi Qhar, Zi Qar, Di Qhar, Di Khar |
Land: | Republik Irak, الجمهورية العراقية, العراق, al-ʿIrāq, al-Ǧumhūrīya al-ʿIrāqīya, al-ğumhûriyya al-'irâqiyya, al-írâq, Irak, al-Dschumhūriyya al-'Irāqiyya, Al-Jumhuriyah Al-Iraqiyah, Iraq |
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Literatur u.a.: | E. Strommenger, Ur, München 1964 |
Publizist: | KiBiDaNO |
Aufnahme-Kontext: | Orientreise 1968 (Türkei-Iran-Irak / Rüdiger Bartelmus, Paul Kübel, Birger Maiwald) |
Kategorien: | Sakral, Vorchristlich/Vorislamisch, Bronze- und Frühe Eisenzeit (2200-600 v. Chr.), Dhi Qar |
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Letzte Änderung: | 19.07.2010 |
Statische URL: | https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00013986 |
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