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MyCoRe ID: | kibidano_kibpic_00008522 |
Titel: | Qasr al-Hair ash-Sharqi / Haus des Aufsehers |
Landessprachlich: | قصر الحير الشرقي / بيت الحارس |
Provinz/Region: | Dayr az-Zawr
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Arabische Republik Syrien |
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Photograph: | Rüdiger Bartelmus |
Aufnahmedatum: | 18.09.2006 |
Texte: | Sybille Kambeck, Tom Fleischer, Rüdiger Bartelmus |
Beschreibung: | Das Haus des von der syrischen Altertümerverwaltung angestellten Aufsehers für das Qasr-al Hair ash-Sharqi liegt ca. 1 km nordwestlich von Stadt und Palast entfernt. Dem Bautyp nach stellt es eine Kombination von Trulli-Haus (Bienenkorbhaus) und moderner Flachbauweise dar. Daß die Familie mitten in der Wüste über viele "Segnungen" der modernen Technik verfügt, belegen die Satellitenschüssel und die Straßenlampen. |
Sachl. Kontext: |
Die unter dem umayyadischen Kalifen Hisham um 729 n.Chr. begonnene riesige Anlage des Qasr al-Hair ash-Sharqi, liegt ca. 25 km nordöstlich des auf der...
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Die unter dem umayyadischen Kalifen Hisham um 729 n.Chr. begonnene riesige Anlage des Qasr al-Hair ash-Sharqi, liegt ca. 25 km nordöstlich des auf der Hauptroute von Palmyra nach Dayr az-Zawr gelegenen Ortes Sukhneh. Fertiggestellt wurde die Anlage am Ende des 8. Jh. unter den Abbassiden. Bis ins 10. Jh. hinein wurden bauliche Veränderungen am Qasr al-Hair ash-Sharqi vorgenommen. Im 14. Jh. wurde die Anlage dann verlassen. – Die ursprüngliche Gesamtanlage des "östlichen Wildschlosses" setzt sich aus drei getrennt zu betrachtenden Bereichen zusammen: Der gesamte Komplex wird zumeist als Wildgehege (Name!) interpretiert. Ursprünglich war das gesamte rund 850 ha umfassende Areal von einer rund 20km langen Mauer eingefaßt; einigermaßen gut erhalten ist von dieser Mauer nur noch ein Teilstück im Süden. Etwa im Zentrum dieser Umfriedung befinden sich ein Palast (nach anderen: eine Karawanserei/Khan) und eine Siedlung mit städtischem Charakter. Die Außenmauern von Stadt und Palast wurden bzw. werden von der syrischen Altertümerverwaltung restauriert.
Nimmt man die Vielfalt der architektonischen Elemente und anderer Aspekte an den gemeinhin Wüstenschlösser genannten Bauten wahr, verwundert es nicht, daß in der Forschung sehr unterschiedliche Theorien entwickelt wurden, zu welchem Zweck diese Anlagen von den Umayyaden errichtet wurden: Je nachdem, welches Merkmal ein Forscher in den Mittelpunkt seiner Theoriebildung rückte, wurde postuliert, ihr Bau sei aus militärischen, sozialpsychologischen, wirtschaftlichen, medizinischen oder politischen Beweggründen heraus erfolgt – auch Kombinationen aus diesen Aspekten wurden vertreten. Da nun Bauten wie Qasṭal, Mšatta oder Qaṣr al-Ḥeir al Ġarbi entweder auf römische Kastelle zurückgehen oder zumindest im Umfeld militärisch wichtiger Straßen liegen, und die entsprechenden Bauten zudem gut befestigt wirken, ging man lange von der Annahme aus, die Umayyaden hätten die römisch-byzantinische Wehrdoktrin unverändert übernommen, gemäß der militärische Stützpunkte in der Wüste für die Verteidigung der Grenzen im Osten zwingend notwendig sind. Bei genauerem Hinsehen erwies sich indes, daß die dicken Mauern und Türme allenfalls als Schutz vor militärisch wenig potenten Angreifern geeignet waren. Eine aktive Auseinandersetzung mit einem regulären Belagerungsheer wäre angesichts der Konstruktion der Bauten kaum möglich gewesen, zumal die als Schießscharten (fehl-) interpretierten Öffnungen dank ihrer Positionierung und Form von Bogenschützen oder gar von Speerwerfern nicht zu gebrauchen waren: Es handelt sich bei ihnen schlicht um Lüftungsschlitze. – Alois Musil, der die Wüstenschlösser im 19. Jh. für die westliche Forschung gewissermaßen "wiederentdeckte", vertrat dem gegenüber die These, die Umayyaden hätten sich nur sehr ungern von ihren beduinischen Wurzeln gelöst und wären daher so oft wie möglich in die Wüste zurückgekehrt; in Zeiten, in denen in den Städten ansteckende Krankheiten wie die Pest wüteten, wäre dieses emotionale Motiv auch noch rational verstärkt worden: Die Wüstenschlösser wären demgemäß so etwas wie Sommerresidenzen und Zufluchtsorte. – Auf der Basis von zeitgenössischen Berichten über das laszive Treiben der Umayyaden und unter dem Eindruck von Bildern aus Quṣair ʿAmra wurde diese Theorie sozialpsychologisch dahingehend weiterentwickelt, daß die Kalifen die Abgeschiedenheit der Wüste dazu nutzten, hier fern der Kontrolle durch die Öffentlichkeit bzw. durch die muslimische Geistlichkeit Lustbarkeiten zu genießen, die Muslimen verboten waren. – Wieder andere Forscher nahmen die perfekte Versorgung der Wüstenschlösser mit Wasser zum Anlaß, in ihnen eine Art landwirtschaftliche Staatsdomänen zu sehen. (Den konkreten Ansatzpunkt für die Entwicklung dieser Theorie boten wohl die Gegebenheiten in Qaṣr al-Ḥeir aš-Šarqi). Dazu fügt sich gut der religiös-politische Aspekt, daß die Umayyaden als Muslime andere Muslime nicht enteignen durften: Landbesitz als Basis der Macht ließ sich praktisch nur in der Wüste ohne größere Probleme erwerben; er ließ sich natürlich bei entsprechender Versorgung mit Wasser auch wirtschaftlich nutzen. – Angesichts der architektonischen Anlage der Wüstenschlösser nach dem für Städte typischen Beit-System – mehrere geschlossene Wohneinheiten von fünf und mehr Räumen sind um einen Hof in der Mitte des Gebäudes angeordnet – und der prächtigen Repräsentationsräume spricht indes wenig für diese Theorie. – So dürfte am ehesten die verschiedene Aspekte kombinierende Vermutung von Heinz Gaube zutreffen, die Umayyaden hätten die Wüstenschlösser als Orte einer rotierenden Hofhaltung in die Wüste gesetzt, um so eine Kontrolle auch über die Nomaden in ihrem Herrschaftsgebiet ausüben zu können: Den Stammesführern, die zu Beratungen oder Festen in die prächtigen Residenzen kamen, konnte hier sinnenfällig (und in der gleichen Form wie den Städtern) die Bedeutung und Macht ihrer Oberherren demonstriert werden; daß die Kalifen so das politisch Nützliche mit dem Angenehmen (Jagd, gutes Klima, geringe Sozialkontrolle) verbinden konnten, war zweifellos ein weiterer Beweggrund für die Errichtung der Wüstenschlösser.
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Objekte: | Haus, بيت, Bayt, Bait, Beyt, Beit, منزل, Manzil, Manzel, دار, Dār, Dar, Pl. بيوت, Buyūt, منازل, Manāzil, دور, Dūr, Residential House |
Personen: | Hischam, هشام, Hišām, Hisham, Hicham, Hescham, Hesham, Hischaam, Hishaam, Heshaam |
Ortslage: | Qaṣr ʾal-Ḥair ʾaš-Šarqī, Qaṣr al-Ḥair aš-Šarqī, Qaṣr ʾal-Ḥayr ʾaš-Šarqy, Qaṣr al-Hayr aš-Šarqy, Qasr al-Hayr, Qasr al-Hair ash-Sharqi, Qasr al Hair ash Sharqi, Qasr el-Hair ash-Sharqi, Qasr al Hir ash Sharqi, Qasr al-Hair al-Sharqi, Qasr alhair alsharqi, Qasr alhair asharqi, Qasr al-Hier Sharqi, Qasr al Hayr al Sharki, Qasr al-Hayr ash-Sharki, Qasr al-Heir, Qasr al-Heir East, Qasr al-Heir al-Sharqi, Qasr el-Heyr el-Sharqi, Kasr el-heir, Kasr al-Hair ash-Sharki, Ḳaṣr ʾal-Ḥair ʾaš-Šarqî, Qasr al-Hayr East, Qasr al-Zeitouni |
Provinz: | Dayr az-Zawr, محافظة دير الزور, Muḥāfaẓat Dayr az-Zūr, Muhafazat Dayr az-Zawr, Mohafazat Azaura, Deir ez Zoar, Dayr al-Zor, Deyr al-Zur, Deir Zzor, Dayr az Zûr, Deïr ez Zor, Deir Ezour, Deir ez Zor, Dayr az Zur, Dair-Ezzor, Dair az-Zur, Dayr az Zaur, Deir Al Zour, Der Azzor, Dier Elzour, Ter Zor |
Land: | Arabische Republik Syrien, الجمهورية العربية السورية, سورية, بلاد الشم, Bilād aš-Šām, Sūrīya, al-Ǧumhūrīya al-ʿArabīya as-Sūrīya, Bilâd aš-Šâm, Sûriyya, Al-Jumhuriya al-'Arabiya as-Suriya, Syrien, Syrie, Suria, Surija, Großsyrien, Greater Syria |
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Publizist: | KiBiDaNO: Kieler Bilddatenbank Naher Osten |
Aufnahme-Kontext: | Syrienexkursion 2006 der Theologischen und Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter der Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Bartelmus (Institut für Alttestamentliche Wissenschaft und Biblische Archäologie) und Prof. Dr. Anja Pistor-Hatam (Institut für Orientalistik, Lehrstuhl für Islamwissenschaft) |
Kategorien: | Nutzbauten, 21. Jh. n. Chr., Wüsten, Dayr az-Zawr |
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Letzte Änderung: | 27.03.2010 |
Statische URL: | https://applux05.rz.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00008522 |
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