Christian Demandt, Sybille Kambeck, Rüdiger Bartelmus
Beschreibung:
Blick in die (rekonstruierte) Hieroglyphenkammer 2 in Ḫattuša. An der Stirnseite ist eine Reliefdarstellung des Sonnengottes zu erkennen. Die Figur trägt einen langen Mantel, Schnabelschuhe und einen gebogenen Stab in der linken Hand. Die doppelte Flügelsonne über dem Kopf markiert sie als Sonnengott. In der rechten Hand ist das leicht abgewandelte ägyptische Lebens-Symbol Ankh zu sehen.
An der rechten Seitenwand ist eine sechszeilige Inschrift mit luwischen Hieroglyphen, einer in Anatolien entwickelten Bilderschrift, zu identifizieren.
Der Inhalt der Inschrift ist nicht vollständig klar, im Wesentlichen aber verständlich: Großkönig Šuppiluliuma II. berichtet, wie er mit Unterstützung diverser Götter mehrere Länder erobert hat, neue Städte gründete und an verschiedenen Orten den Göttern Opfer darbrachte. Der letzte Satz lauetet: "Hier baute ich in diesem Jahr einen göttlichen Erde-Weg". Gemeint ist ein Weg, der in die Erde führt, in den Untergrund.
Sachl. Kontext:
Ḫattuša – eine ausgedehnte Ruinenstätte – liegt etwa 1 km südöstlich des Dorfes Boǧazkale (früher: Boǧazköy). Die ehemalige Hauptstadt des Hethiterreiches...
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Ḫattuša – eine ausgedehnte Ruinenstätte – liegt etwa 1 km südöstlich des Dorfes Boǧazkale (früher: Boǧazköy). Die ehemalige Hauptstadt des Hethiterreiches besteht aus einer Unterstadt (Altstadt), in welcher u.a. der Große Tempel und die Akropolis (Büyükkale) liegen, und einer südlich gelegenen Oberstadt (Neustadt, Tempelstadt). Im Westen der Oberstadt liegt das Löwentor, dem spiegelbildlich im Osten das Königstor entspricht.
Die Ruinenstätte enthält Hinweise auf eine erste Besiedlung schon im 6. Jahrtausend v.Chr. Ab dem 3. Jahrtausend v.Chr. setzte eine kontinuierliche Besiedlung ein. Im 19. Jh. v.Chr. ließen sich dann am Nordrand der vorhethitischen Siedlung assyrische Kaufleute nieder und gründeten eine Handelskolonie. Sie wurde im 18. Jh. v.Chr. von einem Fürsten namens Anitta zerstört. Danach errichtete um die Mitte des 17. Jh. v.Chr. Fürst Labarna, ein Nachfolger jenes Anitta, seine Hauptstadt in Ḫattuša und nannte sich selbst nach dieser Ḫattušili ("der von Ḫattuša"). Der nachfolgende Herrscher Muršili I. ist durch ausgedehnte Eroberungszüge (bis nach Babylon) bekannt geworden. Nach einer kurzen Phase des Niedergangs entwickelte sich die hethitische Macht um die Mitte des 15. Jh. v.Chr. so weit, daß man von einem Großreich sprechen kann. Aus jener Blütezeit stammen die meisten Bauwerke und sämtliche Plastiken, die heute in der Ruinenstätte Ḫattuša (bzw. im Hethitermuseum in Ankara) zu sehen sind.
Die Hieroglyphenkammer 2 liegt nahe der Südburg in der östlichen Oberstadt. Dort konnten zwei Kammern rekonstruiert werden. Während Kammer 1 schmucklos ist, zeigt Kammer 2 gut erhaltene Reliefdarstellungen und luwische Hieroglyphen-Inschriften.
Die Luwier besiedelten seit dem Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. weite Teile Süd-Anatoliens. In Hattuscha entdeckte man luwische Keilschrifttexte aus der Zeit zwischen 1600 und 1200 v.Chr. Zwischen 1300 und 700 v.Chr. schrieb man luwisch in einer anatolischen Hieroglyphenschrift, die man u.a. auf Steintafeln in Süd-Anatolien (Karatepe) und Nord-Syrien fand.
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Türkeireise (2003) zur Vorbereitung der Ostanatolien-Exkursion der CAU im folgenden Jahr – Rüdiger Bartelmus, Sebastian Gleixner, Heinrich Grautstück, Ulrich Orth
Kategorien:
Anthropomorph, Anikonisch, Symbole und Attribute, Bronze- und Frühe Eisenzeit (2200-600 v. Chr.), Relief, Bogazkale, Inschriften, Reliefs